Bilder und Vergleiche für die Gemeinde im Neuen Testament
Autor: Markus Rex
Jesus sagte in Matthäus 16,18: »Ich will meine Gemeinde bauen«. Die Gemeinde ist der Plan Gottes bis Jesus wiederkommt. Deshalb wird der neue Bund der Gnade auch Gemeindezeitalter genannt. Die Gemeinde ist jetzt so sehr im Fokus Gottes, wie es Israel im alten Bund war.
Durch geistliche Erneuerungsbewegungen und gesellschaftliche Entwicklungen der letzten Jahrzehnte haben sich mancherorts die Vorstellungen darüber, was für ein Gebilde die Gemeinde denn nun sei, verändert. Sie weichen zum Teil sogar drastisch voneinander ab. Die folgenden Bilder und Vergleiche können dabei hilfreich sein, einen Blick für die Gemeinde Jesu nach dem NT zu entwickeln, und nicht nur eigene Ideen beim Gemeindebau zu verfolgen.
Die Familie
Gott ist unser Vater und wir sind seine Kinder. Das spiegelt sich auch in der Gemeindefamilie wieder. Untereinander sind wir Brüder und Schwestern.
2 Korinther 6,18
… und ich will euch ein Vater sein, und ihr sollt mir Söhne und Töchter sein, spricht der Herr, der Allmächtige.
So wie es in einer Familie ältere und jüngere Geschwister gibt, besteht auch die Gemeinde aus Gläubigen unterschiedlichen Alters bzw. geistlicher Reife. Die Bibel spricht sogar von geistlichen Vätern bzw. Eltern und geistlichen Kindern.1
Es gibt enge Parallelen zwischen der natürlichen und der geistlichen Familie. Die Kinder sollen heranwachsen, indem sie von ihren Eltern ausgewogen ernährt und angemessen erzogen werden.
1 Thessalonicher 2,7.11
… sondern wir waren liebevoll in eurer Mitte, wie eine stillende Mutter ihre Kinder pflegt.
Ihr wisst ja, wie wir jeden einzelnen von euch ermahnt und ermutigt haben wie ein Vater seine Kinder, und euch ernstlich bezeugt haben …
In der Gemeinde erfolgt dies hauptsächlich durch den Pastor bzw. durch die Gemeindeleiter. Aber es kümmern sich ja auch die älteren um ihre jüngeren Geschwister. Wenn wir in der Gemeinde unsere Verantwortung füreinander erkennen und wahrnehmen, helfen wir uns gegenseitig und animieren uns zum Wachstum. Viele Verse in den Briefen im NT betonen dieses »Miteinander« in der Gemeinde.
… darum nehmt einander an … (Rö 15,7)
… einer trage des anderen Lasten … (Gal 6,2)
… seid gegeneinander freundlich und barmherzig … (Eph 4,32
… ertragt einander und vergebt einander (Kol 3,13)
… einer achte den anderen höher als sich selbst … (Phil 2,3)
… darum ermahnt einander und erbaut einer den anderen … (1 Thess 5,11)
… dient einander, jeder mit der Gnadengabe, die er empfangen hat … (1 Petr 4,10)
Die Schafherde und der Hirte
Jesus ist der gute Hirte und wir sind seine Schafe.2 In der Gemeinde ist der Pastor der Hirte der Herde vor Ort. »Pastor« ist ja nur die lateinische Bezeichnung für »Hirte«. Das NT betont diesen Hirtendienst in der Gemeinde. Es ist eine der fünf Dienstgaben, die Gott eingesetzt hat, »um die Heiligen zuzurüsten für das Werk des Dienstes«.3 Petrus und Paulus ermahnten die Leiter, die ihnen anvertraute Herde zu weiden.
1 Petrus 5,1-4
Die Ältesten, die unter euch sind, ermahne ich als Mitältester und Zeuge der Leiden des Christus, aber auch als Teilhaber der Herrlichkeit, die geoffenbart werden soll: Hütet die Herde Gottes bei euch, indem ihr nicht gezwungen, sondern freiwillig Aufsicht übt, nicht nach schändlichem Gewinn strebend, sondern mit Hingabe, nicht als solche, die über das ihnen Zugewiesene herrschen, sondern indem ihr Vorbilder der Herde seid! Dann werdet ihr auch, wenn der oberste Hirte offenbar wird, den unverwelklichen Ehrenkranz empfangen.
Apostelgeschichte 20,28
So habt nun acht auf euch selbst und auf die ganze Herde, in welcher der Heilige Geist euch zu Aufsehern gesetzt hat, um die Gemeinde Gottes zu hüten, die er durch sein eigenes Blut erworben hat!
Das grch. Wort für hüten ist dasselbe wie für Hirte. Es wird nur als Verb benutzt. Die Leiter werden also aufgefordert: »Seid Pastoren«. Der Dienst des Hirten besteht im Wesentlichen im Führen, in der Fürsorge und im Behüten der Herde. Jesus machte seinerzeit die Beobachtung, dass Gläubige ohne einen Hirten allmählich verschmachten.4 Jeder Christ sollte deshalb verbindlich zu einer »Herde« gehören, die von einem »Hirten« geleitet wird.
Der menschliche Körper
Die Gemeinde wird im NT auch als »Leib Christi« bezeichnet.5 Das ist zunächst die Gesamtheit der Christen weltweit. Wer zu Christus gehört, gehört auch zu seinem Leib.6 Der weltweite Leib Christi ist eher die geistliche Dimension der Gemeinde. Die tatsächliche Verkörperung der Gemeinde, die für die Menschen sichtbar ist, geschieht vor Ort. Da wo sich die Gläubigen versammeln, stellen sie eine gewisse Größe dar und werden bemerkt.
1 Korinther 12,12.14.18.27
Denn gleichwie der Leib einer ist und doch viele Glieder hat, alle Glieder des einen Leibes aber, obwohl es viele sind, als Leib eins sind, so auch der Christus.
Denn auch der Leib ist nicht ein Glied, sondern viele.
Nun aber hat Gott die Glieder, jedes einzelne von ihnen, so im Leib eingefügt, wie er gewollt hat.
Ihr aber seid der Leib des Christus, und jeder ist ein Glied daran nach seinem Teil.
Am Bild vom menschlichen Körper zeigt Paulus in seinen Briefen das Zusammenwirken der einzelnen Glieder und Organe an einem Organismus.7 Was ist schon der einzelne Finger ohne die Hand. Was könnte die Hand tun, wenn sie durch die Füße nicht dorthin gebracht wird, wo es anzupacken gilt. Vom Körper abgetrennte Gliedmaßen können für sich allein nicht lange überleben und erst recht nicht viel ausrichten.
Die verschiedenen Glieder sind zwar durch einen Leib alle miteinander verbunden, stehen aber in unterschiedlicher Beziehung zueinander. So steht der kleine Zeh dem Ohr nicht besonders nahe, und das Ohr fragt sich vielleicht, ob der kleine Zeh überhaupt gebraucht wird. In einer kleinen Gemeinde kennt vielleicht noch jeder jeden, hat sie aber eine Größe von mehreren hundert Mitgliedern, ist das nicht mehr möglich. Der Einzelne bleibt hier durch Kleingruppen, z.B. durch Hauskreise, mit dem Rest der Gemeinde verbunden.
Das Bauwerk
Mal wird die Gemeinde als Haus Gottes und mal als sein Tempel bezeichnet.8 Beides sind Bauwerke. Petrus forderte die Gläubigen auf, sich aufbauen bzw. sich in Gottes Bau einfügen zu lassen.
1 Petrus 2,5
… so lasst auch ihr euch nun als lebendige Steine aufbauen, als ein geistliches Haus, als ein heiliges Priestertum, um geistliche Opfer darzubringen, die Gott wohlgefällig sind durch Jesus Christus.
Jesus will seine Gemeinde bauen, und zwar aus Menschen, die ihm nachfolgen. Wenn irgendwo ein Einfamilienhaus gebaut wird, liefert die Baufirma in der Regel zuvor das Material dafür an. Man stelle sich vor, von den Mauersteinen über die Dachziegel bis zum letzten Nagel lagert alles auf der Baustelle. Das Material bildet bis jetzt nur potentiell ein Haus, denn tatsächlich kann noch niemand darin wohnen. Erst wenn alle Bauteile dem Plan entsprechend zusammengefügt werden, wird daraus ein Wohnhaus, das diesen Zweck auch erfüllt.
So ist auch das bloße Zusammenkommen von Gläubigen zwar eine Versammlung, aber noch nicht unbedingt eine Gemeinde mit neutestamentlicher Struktur und Organisation. Der einzelne Christ muss sich fest einfügen und mit dem Bauwerk verbinden lassen, d.h., seinen Platz in der Gemeinde ausfüllt. Das geschieht, indem man durch die eigene Mitarbeit selbst am Bau beteiligt ist.
Das Ackerfeld Gottes
1 Korinther 3,9
Denn wir sind Gottes Mitarbeiter; ihr aber seid Gottes Ackerfeld und Gottes Bau.
Ein Ackerfeld ist urbar gemachtes Land, das regelmäßig bebaut wird. Paulus sprach in den Versen davor vom Pflanzen und Begießen. Ein Feld wird angelegt, um zur Erntezeit einen Ertrag damit zu erzielen.
Gott will, dass wir nicht nur für uns selbst leben, sondern dass wir für ihn Frucht bringen. Das erwartete Gott schon zurzeit des AT vom Volk Israel.9 Diesbezüglich erzählte Jesus den Juden das Gleichnis vom unfruchtbaren Feigenbaum.10
Aus Sicht des NT ist es selbstverständlich, dass die Nachfolger Jesu aufgrund ihres erneuerten Lebens auch entsprechend Frucht bringen11, woran wir uns untereinander erkennen können12. Einige Früchte werden sogar konkret benannt, wie z.B. Heiligung (Rö 6,22), gute Werke (Kol 1,3-10), Großzügigkeit (2 Kor 9,10-11; Phil 4,17), christlicher Charakter (Gal 5,22; Eph 5,9), Lobpreis und sich zu Gott bekennen (Hebr 13,15), nicht streiten, sondern Frieden stiften (Jak 3,13-18).
Die Braut Christi
Schließlich wird die Gemeinde in 2 Korinther 11,2 mit einer Braut verglichen, die ihrem Bräutigam zugeführt wird.
Denn ich eifere um euch mit göttlichem Eifer; denn ich habe euch einem Mann verlobt, um euch als eine keusche Jungfrau Christus zuzuführen.
Nicht der einzelne Christ, und schon gar nicht nur die Frauen sind die Braut Christi, sondern die Gemeinde als Ganzes. Seit der Himmelfahrt ist Jesus im Himmel. Natürlich ist er durch den Geist Gottes bei uns und in den Versammlungen unter uns. Aber er selbst ist nicht mehr auf der Erde. In der Herrlichkeit seines Vaters wartet er sehnsüchtig darauf, endlich mit seiner geliebten Gemeinde vereinigt zu werden.
Epheser 5,25-27.32
Ihr Männer, liebt eure Frauen, gleichwie auch der Christus die Gemeinde geliebt hat und sich selbst für sie hingegeben hat, damit er sie heilige, nachdem er sie gereinigt hat durch das Wasserbad im Wort, damit er sie sich selbst darstelle als eine Gemeinde, die herrlich sei, so dass sie weder Flecken noch Runzeln noch etwas ähnliches habe, sondern dass sie heilig und tadellos sei. …
Dieses Geheimnis ist groß; ich aber deute es auf Christus und auf die Gemeinde.
Unsererseits sollte das Verlangen auch auf Christus gerichtet sein. Wir sollten uns auf die Begegnung mit ihm vorbereiten, was mit Heiligung bzw. einen sauberen Lebenswandel zu tun hat. Wenn Jesus, unser »Bräutigam« wiederkommt, erwartet er eine Braut ohne Flecken und Runzeln, die herrlich geschmückt ist.
Zusammenfassend können wir sagen, dass die verschiedenen Bilder von der Gemeinde folgendes beinhalten:
Die Familie weist auf das Miteinander hin.
Das Bild von der Schafherde und dem Hirte macht deutlich, dass Gemeinde angemessen geführt werden muss.
Beim menschlichen Körper geht es um das Zusammenwirken der verschiedenen Glieder, wobei jeder Einzelne wichtig ist.
Das Bauwerk zeigt, dass jeder seinen Platz kennen und ausfüllen muss, indem er sich verbindlich einfügen lässt.
Das Bild vom Ackerfeld führt uns vor Augen, dass niemand nur für sich selbst lebt, sondern um für Gott Frucht zu bringen.
Bei der Braut, die sich für ihren Bräutigam schön macht, geht es sowohl um unsere Heiligung als auch um unsere Hoffnung.
Vielleicht findet der eine oder andere noch weitere Bilder für die Gemeinde. Beim Betrachten dieser Bilder ist jedenfalls wichtig, sich nicht nur auf sein Lieblingsbild zu versteifen, sondern alle zusammen zu betrachten. Es werden darin unterschiedliche Aspekte der Gemeinde beleuchtet, die unbedingt zusammengehören. Nur gemeinsam bilden sie Gottes Vorstellung von seiner Gemeinde.
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1 1 Johannes 2,12-14; 1 Korinther 4,14-17
2 Johannes 10,1-29
3 Epheser 4,11-12
4 Matthäus 9,36
5 Epheser 1,22-23; Kolosser 1,18
6 1 Korinther 12,13
7 Römer 12,4-8; Epheser 4,15-16
8 1 Korinther 3,16; Hebräer 3,4-6
9 Jesaja 5,1-7
10 Lukas 13,6-9
11 Johannes 15,1-16
12 Matthäus 7,16-19