Gottes Gnade und Barmherzigkeit

Autor: Markus Rex

Im Laufe der verschiedenen Epochen der Heilsgeschichte hat Gott sich den Menschen immer wieder offenbart. Die wesentlichste Offenbarung geschah durch Jesus Christus, Seinen eigenen Sohn (Hebr.1:1-3). An dem, wie Jesus auf der Erde lebte, wirkte und lehrte, können wir das wirkliche Wesen, den Charakter und die Natur Gottes kennenlernen. Jesus selbst sagte: “Wer mich gesehen hat, hat der Vater gesehen” (Joh.14:9).

Die größte Selbstoffenbarung, durch die sich Gott im Alten Testament zu erkennen gab, finden wir im 2. Buch Mose.

2.Mose 34:6-7
“Und der HERR ging vor seinem Angesicht vorüber und rief: Der HERR, der HERR, der starke Gott, der barmherzig und gnädig ist, langsam zum Zorn und von großer Gnade und Treue; der Tausenden Gnade bewahrt und Schuld, Übertretung und Sünde vergibt, aber keineswegs ungestraft lässt, sondern die Schuld der Väter heimsucht an den Kindern und Kindeskindern bis in das dritte und vierte Glied!”

Diese Wesensart Gottes wurde Israels großes Bekenntnis: “Gnädig und barmherzig ist der HERR, geduldig und von großer Güte” (vergl. Ps.103:8 und 145:8).
Wenn das Volk sündigte, haben die Führer des Volkes und die Propheten Gott und sich selbst daran erinnert, wie schon Mose es tat: “So Lass nun die Macht des Herrn groß werden, wie du gesprochen und verheißen hast: Der HERR ist langsam zum Zorn und groß an Gnade…” (4.Mo 14:17-19). Siehe auch Nehemia 9:17 und Joel 2:13-14.
Der Prophet Jona war von der Barmherzigkeit Gottes so sehr überzeugt, dass er nicht nach Ninive gehen wollte, um den Einwohnern das Gericht Gottes anzukündigen. Er rechnete damit, dass sie Buße tun könnten – und so wie er seinen Gott kannte, würde Er ihnen vergeben.

Jona 4:2
“Und Jona betete zum HERRN und sprach: Ach, HERR, ist’s nicht das, was ich mir sagte, als ich noch in meinem Land war, dem ich auch durch die Flucht nach Tarsis zuvorkommen wollte? Denn ich wußte, dass du ein gnädiger und barmherziger Gott bist, langmütig und von großer Gnade, und das Unheil reut dich!”

Gottes Gerechtigkeit

Gott ist von Seinem Wesen her gnädig und barmherzig. Aber Er ist auch gerecht. Und wegen Seiner Gerechtigkeit, darf Er Sünde nicht durchgehen lassen. Er muss sie ahnden.

 

2.Mose 34:7
“… und Sünde vergibt, aber keineswegs ungestraft lässt, sondern die Schuld der Väter heimsucht an den Kindern und Kindeskindern bis in das dritte und vierte Glied!”

Dieser zweite Teil des Verses wird oft ohne den ersten Teil zitiert, wodurch der Sinn der Aussage verkehrt wird. Und weil niemand so recht weiß, was seine Urgroßeltern alles getrieben haben, wird empfohlen, sich gewissermaßen prophylaktisch von der Schuld der Urahnen loszusagen, damit man ihretwegen nicht gerichtet wird.

Zunächst einmal hatte die Aussage “bis in das dritte und vierte Glied” einen direkten Bezug zur damaligen Großfamilie. Vier Generationen war die maximale Zahl derer, die zusammen in einem Haushalt leben konnten. Hier wird die Verantwortung des Familienoberhauptes betont. Wenn der Hausherr gerecht lebte, ging es der ganzen Familie gut. Beging er eine Sünde, ging die ganze Familie daran zugrunde. Sippenhaftung war nicht nur in Israel üblich, sondern auch bei allen anderen damaligen Völkern.

Von weit größerer Tragweite war jedoch die Bedeutung des Verses in Bezug auf den Bund Gottes mit dem Volk Israel ( siehe 2.Mos.20:5-6 und 5.Mo 5:9-10).
. Wenn die Menschen  im Bund bleiben, wird das ganze Volk gesegnet. Verlassen sie den Bund und sündigen gegen Gott, tragen auch ihre Kinder die Konsequenzen. An der Geschichte des alten Israel ist ersichtlich, dass sie permanent den Bund brachen und eine Generation nach der anderen gegen Gott sündigte.  Obwohl Gott “geduldig und von großer Güte” ist, war das Maß eines Tages voll. Er musste richten. Der Prophet Hosea trat kurz vor der assyrischen Invasion auf. Er offenbarte, wie es Gott ums Herz war, als Er strafen musste:

Hosea 11:8
“Mein Herz sträubt sich dagegen, mein ganzes Mitleid ist erregt!”

Gott hat keinen Gefallen daran, zu strafen. Er will nicht strafen, aber Er muss. Es geht Ihm wie liebende Eltern, die ihre Kinder erziehen. Sie kündigen für bestimmte Vergehen Konsequenzen an und weil sie ihre Kinder lieben, ziehen sie sie auch durch. Diese Konsequenzen sind dann nicht nur für die Kinder schmerzhaft, sondern tun auch den Eltern in der Seele weh.

Wegen Seiner Gerechtigkeit durfte Gott die Sünde nicht durchgehen lassen. Also kam das Gericht, zuerst über das Nordreich Israel und später auch über das Südreich Juda. Die Menschen wurden erschlagen oder deportiert. Aber Gott hatte Sein Volk nicht völlig verlassen. Das Volk hatte die Strafe für den Bundesbruch getragen und nun redete Er durch weitere Propheten zu ihnen  (siehe Jeremia 31 und Hesekiel 18).   Von nun an sollte etwas anderes gelten. Die Kinder sollen nicht mehr für die Sünden der Eltern büßen.

Hesekiel 18:20
“Die Seele, welche sündigt, die soll sterben! Der Sohn soll nicht die Missetat des Vaters mittragen, und der Vater soll nicht die Missetat des Sohnes mittragen”

Jeremia 31:29-31
In jenen Tagen wird man nicht mehr sagen: Die Väter haben saure Trauben gegessen, und den Kindern sind die Zähne stumpf geworden!, sondern jedermann wird für seine eigene Missetat sterben; jeder Mensch, der saure Trauben ist, dessen Zähne sollen stumpf werden! Siehe, es kommen Tage, spricht der HERR, da ich mit dem Haus Israel und mit dem Haus Juda einen neuen Bund schließen werde...”

Wenn Gott Seinem Volk schon unter dem Alten Bund zusagte, dass die Kinder nicht mehr für die Sünden der Väter büßen sollen, wie viel mehr gilt das jetzt uns, die wir im Neuen Bund leben.

Gnade und Barmherzigkeit im Neuen Bund

Gott ist den Menschen gegenüber immer barmherzig gewesen. Er hat keinen Gefallen am Tod des Gottlosen (Hes.18:32) und Er will nicht, dass irgend jemand verloren geht (2.Petr.3:9).
Aber wegen Seiner Gerechtigkeit muss Gott die Sünde strafen. Jemand muss dafür bezahlen – entweder der Sünder selbst oder ein anderer. Aus seiner unendlich großen Liebe heraus hat Gott Jesus gesandt, damit Er für uns bezahlt.

Johannes 3:16-17
“Denn so hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verlorengeht, sondern ewiges Leben hat. Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, damit er die Welt richte, sondern damit die Welt durch ihn gerettet werde.”

Den Preis für die Sünde hat Jesus bezahlt. “Die Strafe lag auf Ihm, damit wir Frieden hätten” (Jes.53:5). “In Ihm haben wir die Erlösung durch Sein Blut, die Vergebung der Sünden nach dem Reichtum Seiner Gnade” (Eph.1:7).
“In Ihm haben wir die Erlösung ……….. nach dem Reichtum Seiner Gnade”. Das Gnadengeschenk der Erlösung ist umsonst – aber nur für uns. Für Jesus hat es alles gekostet. Wir wurden teuer erkauft (1.Kor.6:20). Das dürfen wir niemals vergessen, wenn wir Vergebung für unsere Sünden in Anspruch nehmen.
Wenn wir die Güte und Gnade Gottes aus dem Blickwinkel Seiner Gerechtigkeit betrachten, verstehen wir auch Römer 2:4 besser: “Oder verachtest du den Reichtum seiner Güte, Geduld und Langmut, und erkennst nicht, dass dich Gottes Güte zur Buße leitet?” Wenn uns nämlich bewusst wird, dass Gott uns die Sünden deshalb vergibt, weil Er selbst vorher dafür bezahlt hat, fangen wir an, Ihn dafür zu lieben. Und aus dieser Liebe zu Gott, unserem Retter, wollen wir nicht mehr sündigen.

Unser Gott ist ein barmherziger Gott. Seine Gnade und Barmherzigkeit stehen uns im Neuen Bund zur Verfügung, wann immer wir sie brauchen.

Hebräer 4:14-16
“Da wir nun einen großen Hohenpriester haben, der die Himmel durchschritten hat, Jesus, den Sohn Gottes, so lasst uns festhalten an dem Bekenntnis! Denn wir haben nicht einen Hohenpriester, der kein Mitleid haben könnte mit unseren Schwachheiten, sondern einen, der in allem versucht worden ist in ähnlicher Weise wie wir, doch ohne Sünde.
So lasst uns nun mit Freimütigkeit hinzutreten zum Thron der Gnade, damit wir Barmherzigkeit erlangen und Gnade finden zu rechtzeitiger Hilfe!”

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