Verschiedene Seiten zum biblischen Wohlstand
Autor: Markus Rex
Mit diesem Lehrbrief will ich das Thema »Wohlstand« nicht umfassend behandeln, denn dazu sind bereits schon etliche gute Bücher geschrieben und es ist vielfach darüber gelehrt worden. Ich will hier vielmehr Seiten beleuchten, die bei diesem Thema normalerweise nicht so sehr betont werden. Auf diese verschiedenen Seiten kann ich auch wieder nur kurz eingehen, weil es sonst den Rahmen des Lehrbriefes sprengen würde. Ich hoffe aber, dass sie zum weiteren Nachdenken und Bibelstudium in diese Richtung anregen und so helfen, auch bei diesem Thema ausgewogen zu bleiben.
Was ist Wohlstand?
Was bedeutet Wohlstand eigentlich genau? Dieses Thema findet in der Bibel zwar viel Erwähnung, aber es wird nicht klar definiert, was wir darunter zu verstehen haben und so gibt es darüber recht kontroverse Ansichten. Der eine betont die Verse zu Bescheidenheit und Genügsamkeit und hat mehr eine ausreichende Versorgung im Blick. Ein anderer betrachtet mehr die Verse zu Fülle und Reichtum und legt großen Wert auf ein Leben in Luxus.
Was der Einzelne nun unter Wohlstand versteht, hat nicht zuletzt damit zu tun, wie gut er seinen himmlischen Vater kennt (und dementsprechend die Bibel für sich auslegt). Das wird besonders im Gleichnis vom verlorenen Sohn deutlich (siehe Luk 15,11-32). Allgemein bekannt ist der Teil, in dem der junge Mann sein Erbe einfordert, sein Vaterhaus verlässt, sein Vermögen verprasst und am Ende zu seinem Vater zurückkehrt.
Es gab aber noch einen Sohn, der zuhause blieb, anständig lebte und fleißig für seinen Vater arbeitete. Dieser dachte, was mein Vater mir gönnt, wird er mir schon geben. Weil er nie etwas für sich beanspruchte, ging er viele Jahre lang, trotz aufopferungsvollen Dienens, leer aus. Der Vater aber klärte ihn auf: »Alles was mir gehört, gehört auch dir.« Der ältere Sohn war der Meinung, er hätte nichts, obwohl er eigentlich alles besaß.
Nach dem jeweiligen Gottesbild und entsprechend der kirchlichen Prägung (und manchmal auch der Lebensumstände) werden Bibelverse dann unterschiedlich interpretiert. Zwei Leute lesen z.B. Philipper 4,19: »Mein Gott aber wird all euren Mangel ausfüllen, nach seinem Reichtum in Herrlichkeit«. Der eine beruft sich auf »euren Mangel ausfüllen« und definiert Wohlstand als eine ausreichende Versorgung. Der andere sagt, ja aber »nach seinem Reichtum« und hat ein Leben im Luxus vor Augen.
Am Ende kann nur jeder für sich selbst definieren, was ein Leben im Wohlstand für ihn im Einzelnen bedeutet. Ein erfolgreicher Großunternehmer lebt auf einem anderen Level, als der Angestellte einer kleinen Firma. Dann sind die Ansprüche auch so unterschiedlich, wie die Interessen der Menschen unterschiedlich sind. Der eine investiert in eine exclusive Wohnungseinrichtung und der andere macht lieber eine großartige Urlaubsreise. Für den einen bedeutet Wohlstand, ein tolles Auto zu fahren. Der andere fühlt sich wohler, wenn er endlich wieder eine Fahrradtour unternehmen kann.
Verheißungen und Mahnungen
Zu Wohlstand und Reichtum finden wir so viele Verheißungen in der Bibel, dass wir sie hier gar nicht alle betrachten können. Zum Beispiel heißt es von dem Gottesfürchtigen: »Reichtum und Fülle ist in seinem Haus« (Ps 112,3) oder wer nach Gottes Weisheit lebt, gewinnt Reichtum und Ehre (Spr 3,16). Im Bezug auf Finanzen schreibt Paulus an die Korinther: »Gott aber ist mächtig, euch jede Gnade im Überfluss zu spenden, sodass ihr in allem allezeit alle Genüge habt und überreich seid zu jedem guten Werk« (2 Kor 9,8).
Es gibt aber auch andere Verse in der Bibel: »Euer Lebenswandel sei frei von Geldliebe! Begnügt euch mit dem, was vorhanden ist« (Hebr 13,5). »Es ist allerdings die Gottesfurcht eine große Bereicherung, wenn sie mit Genügsamkeit verbunden wird« (1 Tim 6,6). »Bemühe dich nicht, Reichtum zu erwerben; aus eigener Einsicht lass davon!« (Spr 23,4).
Auf der einen Seite wird uns Wohlstand bzw. eine überreiche Versorgung in der Bibel als ein Segen von Gott dargestellt. Auf der anderen Seite werden wir aber auch zur Bescheidenheit aufgefordert. Es gibt Ermahnungen und sogar Warnungen bezüglich Wohlstand. Das zeigt uns, dass wir dieses Thema besonders sorgfältig behandeln müssen, um nicht in eine Schieflage zu geraten. Der Vater im Himmel hat jedenfalls nichts dagegen, wenn seine Kinder auf der Erde vermögend sind, aber es ist fatal, wenn sich ihr Herz daran hängt.
Wohlergehen ist nicht das höchste Ziel
Manche Leute überziehen die biblischen Verheißungen und halten Wohlstand für das höchste erstrebenswerte Ziel im Leben. Sinn und Zweck für sie ist, sich immer mehr Wünsche erfüllen zu können. Sie sind zu sehr auf ihr Wohlbefinden konzentriert. Sobald sich etwas unangenehm anfühlt oder sie in Druck kommen, fangen sie an zu jammern.
Paulus sagte über sich selbst: »Nicht wegen des Mangels sage ich das; ich habe nämlich gelernt, mit der Lage zufrieden zu sein, in der ich mich befinde. Denn ich verstehe mich aufs Armsein, ich verstehe mich aber auch aufs Reichsein; ich bin mit allem und jedem vertraut, sowohl satt zu sein als auch zu hungern, sowohl Überfluss zu haben als auch Mangel zu leiden. Ich vermag alles durch den, der mich stark macht, Christus« (Phil 4,11-13).
Ja, Gott ist gut und Er will, dass es uns gut geht – aber nicht um jeden Preis. Zu aller erst will er, dass wir ihm dienen, dass wir Jesus nachfolgen, nach seinen Geboten leben und Frucht für sein Reich bringen. Und das können wir tun, egal ob wir momentan viel oder wenig haben, ob es sich in der jeweiligen Lage gut anfühlt oder nicht, ob wir jung und vital oder alt und gebrechlich sind. Wenn wir so leben, dann gelten für uns auch die Verheißungen zu Wohlstand. Wer sich aber auf diese kostbaren Verheißungen für eine selbstsüchtige Lebensweise beruft, wird am Ende leer ausgehen.
Zwei Wege zum Lebensunterhalt
Im Wesentlichen gibt es aus biblischer Sicht zwei Wege, den nötigen Lebensunterhalt zu bekommen. Diese zwei Wege sind für zwei unterschiedliche Personengruppen bestimmt. Zur einen Gruppe gehören diejenigen, die vollzeitlich im Reich Gottes arbeiten, wie Pastoren, Missionare, geistliche Leiter und andere, die ich kurz Prediger nennen möchte. Die andere Gruppe besteht aus den Gemeindegliedern, die ihr geregeltes Einkommen verdienen.
Die Prediger leben von dem, was andere geben. Das war schon im alten Israel so. Die Priester und Leviten bekamen keine Äcker, um sie zu bewirtschaften, denn sie sollten dem HERRN dienen. Für diesen Dienst bekamen sie, nach Gottes Anweisung, die Zehnten und Abgaben des Volkes. Ähnliche Anweisungen haben wir auch für die Gemeinde im Neuen Testament: »So hat auch der Herr angeordnet, dass die, welche das Evangelium verkündigen, vom Evangelium leben sollen« (1 Kor 9,14). Oder Galater 6,6: »Wer im Wort unterrichtet wird, der gebe dem, der ihn unterrichtet, Anteil an allen Gütern!«
Heutzutage sind viele Prediger inzwischen angestellt und bekommen ein festes Gehalt. Trotzdem ist es aber Geld, das die Gemeindeglieder zuvor gegeben haben. Gewissermaßen sind sie von den Spenden der anderen abhängig, was sowohl ihr Einkommen als auch die Finanzierung ihrer Projekte und Dienste betrifft. Deshalb erleben sie Gottes Versorgung für sich selbst und ihre Projekte in Form von Geldgeschenken u.ä. öfter bzw. regelmäßiger als die Gemeindeglieder. Das biblische Prinzip »Gebt, so wird euch gegeben werden …« (Luk 6,38) ist weitestgehend der Erlebnishorizont der Prediger. Sie spüren oft ziemlich direkt die Auswirkungen ihres Glaubens an Gottes Versorgung bzw. ob Menschen geizig oder freigebig sind.
Die Gefahr besteht für sie darin, dass sie anfangen, nicht mehr Gott, sondern andere Menschen für ihre Einnahmequelle zu halten. Das zeigt sich mitunter in »Opferpredigten« und Rundbriefen, in denen dann aus Angst, die Leute würden sonst zu wenig geben, alle Register gezogen werden. Selbstverständlich sollen die Gläubigen über die Kosten der Gemeindearbeit, Missionsprojekte u.a. informiert werden und Geldsammlungen sollten in keinem Gottesdienst fehlen. Ob Prediger ängstlich oder voll Vertrauen sind, sieht man an dem »Ton«, in dem es gesagt wird.
So wie die Prediger also von dem leben, was andere geben, leben die Gemeindeglieder von dem, was sie erarbeiten. Wenn von Gottes Versorgung die Rede ist, denken manche Leute sofort an Versorgungswunder. Der normale unspektakuläre Weg ist aber, indem man arbeiten geht und sich so seinen Lebensunterhalt verdient, wie die folgenden Verse zeigen:
»Wohl jedem, der den HERRN fürchtet, der in seinen Wegen wandelt! Du wirst dich nähren von der Arbeit deiner Hände; wohl dir, du hast es gut!« (Ps 128,1-2)
»Wer gestohlen hat, der stehle nicht mehr, sondern bemühe sich vielmehr, mit den Händen etwas Gutes zu erarbeiten, damit er dem Bedürftigen etwas zu geben habe.« (Eph 4,28)
»… und eure Ehre darin sucht, ein stilles Leben zu führen, eure eigenen Angelegenheiten zu besorgen und mit euren eigenen Händen zu arbeiten, so wie wir es euch geboten haben.« (1 Thess 4,11)
Es entsteht unwillkürlich die Frage, worin denn hierbei die Versorgung Gottes liegt. Nun, Gott hat Himmel und Erde mitsamt den natürlichen Abläufen erschaffen. Was der Mensch zum Leben braucht, hat Gott in die Erde getan. Je nachdem wie sie bewirtschaftet wird, wachsen und gedeihen Pflanzen und Tiere zum Nutzen des Menschen. Das nennt die Bibel die Frucht des Feldes, die Gott wachsen lässt. Ohne dieses, von Gott initiierte, natürliche Wachstum würde der Mensch verkümmern.
In unserer modernen Welt hat sich die Arbeit inzwischen gewandelt. Nur wenige sind noch in der Landwirtschaft oder Viehzucht tätig. Viele stehen am Fließband oder sitzen am Schreibtisch. Aber egal, ob es um Lebensmittel, Häuser, Computer oder Autos geht, unter dem Strich leben wir alle von dem, was die Erde hergibt bzw. was Gott hineingelegt hat.
Gott hat es so eingerichtet, dass der Mensch von der Arbeit seiner Hände leben sollte. Die Gefahr für die Gemeindeglieder besteht jetzt darin, dass sie Gott vergessen und ihre Arbeitsstelle für ihre Einkommensquelle halten. Ihr Fokus ist darauf gerichtet, dass sie sich nur ja genug erarbeiten. Jesus sagte seinen Jüngern, dass genauso die Heiden leben, aber ihr: »Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes … so wird euch solches alles hinzugelegt werden« (Mt 6,33). Wer Gott für seine Quelle hält, der dankt ihm für seinen Lebensunterhalt und ehrt ihn mit seinem Zehnten.
Sparen und Verwalten
Jeder hat Geld. Ob viel oder wenig ist eine andere Frage, aber erst einmal hat jeder ein bestimmtes Budget zur Verfügung. Es ist unsere (nicht Gottes) Verantwortung, damit gut umzugehen. Manche Leute vermitteln den Eindruck, es sei besonders geistlich, keinerlei Haushaltsplan aufzustellen, finanzielle Vorsorge zu betreiben, Versicherungen abzuschließen oder Geld anzusparen. Sie meinen, das wäre das wirkliche »Leben aus Glauben«. Ich halte es eher für unweise und in manchen Fällen sogar für verantwortungslos, es nicht zu tun.
Es ist klug und äußerst ratsam, Rücklagen zu bilden. Geld anzusparen ist besser, als nur von der Hand in den Mund zu leben und bei plötzlich auftretenden Kosten auf wundersame Geldgeschenke zu hoffen – und das dann »Leben aus Glauben« zu nennen. Den ersten biblischen Bezug dazu finden wir in 1. Mose 41. Hätte Joseph dem Pharao nicht geraten, in den fetten Jahren für die mageren Jahre einen Vorrat anzusammeln, wären die Ägypter (und die Israeliten) verhungert.
Für Israel hatte Gott vorgesehen, dass sich ihr Geld und ihr Besitz vermehren sollte (5 Mos 8,13). Ihre Vorratskammern sollten sich mit Gütern füllen (Spr 3,10). Am Ende sollten sie so viel haben, dass sie ihren Kindern ein reiches Erbe hinterlassen können (Ps 37,25). Wir sehen hier, dass wirklicher Wohlstand bzw. reichlich versorgt zu sein einschließt, dass sich das eigene Vermögen vermehrt. Es kann sich aber nur vermehren, wenn man gut haushaltet und nicht alles immer sofort ausgibt.
Großzügig sein
Lasst uns an dieser Stelle noch einmal einige der o.g. Verse lesen, aber diesmal mit einer anderen Betonung. »Gott aber ist mächtig, euch jede Gnade im Überfluss zu spenden, sodass ihr in allem allezeit alle Genüge habt und überreich seid zu jedem guten Werk« (2 Kor 9,8). Wer gestohlen hat, der stehle nicht mehr, sondern bemühe sich vielmehr, mit den Händen etwas Gutes zu erarbeiten, damit er dem Bedürftigen etwas zu geben habe. (Eph 4,28)
Noch an vielen anderen Stellen werden wir aufgefordert, großzügige Geber zu sein. Das klingt wie ein Widerspruch zum vorher gesagten. Sparen und Spenden sind aber in Wirklichkeit Gegensätze, die zusammengehören. Du sollst nicht alles für dich selbst zur Seite legen, wie der reiche Kornbauer aus dem Gleichnis in Lukas 12. Du solltest dein ganzes Geld auch nicht immer gleich aus- oder weggeben, weil du ja auch Verpflichtungen hast.
Es geht um eine Balance zwischen Sparen und Geben – und die kann nur jeder für sich selbst in Verantwortung vor Gott herausfinden. 2 Korinther 9,10 sagt: »Er aber, der dem Sämann Samen darreicht und Brot zur Speise …« Jedes Einkommen besteht aus diesen zwei Teilen: Samen und Brot. Den Samen sollten wir nicht essen bzw. für uns verbrauchen und das Brot sollten wir nicht aussäen, indem wir es weggeben. Das Brot ist für uns gedacht. Manch einer ist arm dran, weil er zu wenig gibt bzw. mehr aufspart, als recht ist und manch einer hat momentan zu wenig, weil er zu viel weggegeben hat.
Ausgewogen zwischen dem Geben und Behalten zu sein, ist vor allem eine Herzensangelegenheit. Das Geben soll so geschehen: »Jeder, wie er es sich im Herzen vornimmt; nicht widerwillig oder gezwungen, denn einen fröhlichen Geber hat Gott lieb!« (2 Kor 9,7). Leider haben viele Gläubige überhaupt keinen Plan, wie viel sie wann und wohin geben wollen. Sie entscheiden das bei jeder Opferpredigt spontan. So kann es nach einem besonders feurigen Aufruf zum Geben schon mal passieren, dass sie dann am Montag bereuen, was sie am Sonntag gegeben haben.
Wer ein wirklich großzügiges Herz hat, ist von solchen Aufrufen nicht abhängig. Er weiß schon lange vorher, was er geben wird und keine noch so tolle Opferpredigt kann ihm ein schlechtes Gewissen machen, wenn er für einen bestimmten Dienst mal nichts gibt. Er lässt sich auch bei Geld leicht – und lange vor der eigentlichen Sammlung – vom Geist Gottes leiten.