Dienen und Herrschen
Autor: Markus Rex
Im NT haben wir einige Aussagen, die sich scheinbar widersprechen, aber doch zusammengehören. So ist der gläubige Sklave ein Freigelassener des Herrn. Der Freie hingegen ist ein Sklave Christi.1 Die Arbeiter im Reich Gottes werden bezeichnet als »Betrübte, aber immer fröhlich, als Arme, die doch viele reich machen; als solche, die nichts haben und doch alles besitzen« (2 Kor 6,10).
Ein weiter scheinbarer Gegensatz ist der, dass wir gleichermaßen zum Dienen und Herrschen berufen sind. Beides gehört zum Glaubensleben dazu, nur dürfen wir nicht verwechseln, in welchem Bereich wir herrschen und in welchem wir dienen sollen.
Lasst uns zunächst einmal unseren Herrschaftsbereich betrachten.
Römer 5,17
Denn wenn infolge der Übertretung des einen der Tod zur Herrschaft kam durch den einen, wie viel mehr werden die, welche den Überfluss der Gnade und das Geschenk der Gerechtigkeit empfangen, im Leben herrschen durch den Einen, Jesus Christus!
Das Gegenteil vom Herrschen ist beherrscht zu werden, also wenn jemand oder etwas anderes darüber bestimmt, was mit uns geschieht oder was wir tun sollen. In der Bibel wird von der Herrschaft der Sünde gesprochen. Je mehr wir uns aber die Erlösung zu eigen machen und uns mit dem Tod und der Auferstehung Jesu identifizieren, desto weniger werden wir von ihren Reizen beherrscht werden.
Es heißt in Römer 6:
… sodass wir der Sünde nicht mehr dienen … (v..6-7)
… so soll nun die Sünde nicht herrschen in eurem sterblichen Leib … (v.12)
… denn die Sünde wird nicht herrschen über euch … (v.14)
… Gott aber sei Dank, dass ihr Sklaven der Sünde gewesen seid … (v.17)
… jetzt aber, da ihr von der Sünde frei und Gott dienstbar geworden seid … (v.22)
Indirekt sagen diese Verse, dass wir als Christen jetzt über die Sünde herrschen sollen. Als Gläubige unterstehen wir nicht länger den Begierden unseres »Fleisches« und den Verlockungen der »Welt«.
Außerdem sind wir errettet aus aller Gewalt der Finsternis2 und haben Autorität über alle Gewalt des Feindes von Jesus übertragen bekommen.
Lukas 10,19
Siehe, ich gebe euch die Vollmacht, auf Schlangen und Skorpione zu treten, und über alle Gewalt des Feindes; und nichts wird euch in irgendeiner Weise schaden.
Manche sagen, dass diese Vollmacht nur den Jüngern Jesu galt. Aber wenn das nur den damaligen Jüngern galt, dann galt der Missionsauftrag auch nur seinen Jüngern und nicht auch uns. In der Apostelgeschichte sehen wir aber deutlich, dass dieser Auftrag allen Christen gilt. Da wir also denselben Auftrag haben, müssen wir folgerichtig auch dieselbe Vollmacht haben.
Gott hatte den Menschen anfangs zum Herrschen erschaffen3, der diesen Status durch den Sündenfall leider verlor. Aber durch die Erlösung sind wir wieder in den ursprünglichen Stand versetzt worden, so dass wir wieder »im Leben herrschen durch den Einen, Jesus Christus«. Das heißt, unser Leben wird nicht mehr von Sünde und finsteren Mächten bestimmt, sondern wir haben das Sagen.
Natürlich leben wir nicht unabhängig von Gott. Christen leben unter seiner gütigen Herrschaft, das heißt, sie richten die verschiedenen Lebensbereiche nach dem aus, was er dazu sagt. Profan ausgedrückt ist Jesus der Chef und wir folgen ihm.
Hier kommt die andere Seite der Medaille zum Tragen, und zwar das Dienen. Zuerst dienen wir Gott, aber unser Gottesdienst ist ja zum großen Teil ein Dienst in der Gemeinde bzw. an Menschen. Wir dienen uns gegenseitig. Jesus war der größte Diener aller Zeiten und vermittelte seinen Jüngern dadurch einen wesentlichen Maßstab des Reiches Gottes.
Matthäus 20,25-28
Aber Jesus rief sie zu sich und sprach: Ihr wisst, dass die Fürsten der Heidenvölker sie unterdrücken und dass die Großen Gewalt über sie ausüben. Unter euch aber soll es nicht so sein; sondern wer unter euch groß werden will, der sei euer Diener, und wer unter euch der Erste sein will, der sei euer Knecht, gleichwie der Sohn des Menschen nicht gekommen ist, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben zu geben als Lösegeld für viele.
Die Werte im Reich Gottes unterscheiden sich maßgeblich von dem, was normalerweise in zivilen Gesellschaften üblich ist. Wir sollen einander dienen, anstatt einander zu beherrschen. Das Neue Testament sagt: »… dient einander durch die Liebe (Gal 5,13) und »Dient einander, jeder mit der Gnadengabe, die er empfangen hat, als gute Haushalter der mannigfaltigen Gnade Gottes« (1 Petr 4,10).
Selbst die Leiter in der Gemeinde sind dienende Leiter. Während der Apostel Paulus Gemeinden gründete und sie verwaltete, bezeichnete er sich als deren Diener4.
Der eine hat vielleicht eine leitende Tätigkeit und ein anderer eher eine praktische. Auch wenn wir in der Gemeinde nicht alle dieselbe Aufgabe haben, sind wir doch alle Diener.
Wie anfangs schon gesagt, sind wir gleichermaßen zum Dienen und zum Herrschen berufen. Manchmal sind wir uns unserer Herrschaft- bzw. Dienstbereiche zu wenig bewusst. Wir herrschen dann, wo wir dienen sollten und fügen uns, wo wir herrschen sollten. Dadurch leben wir zum Teil entgegen dem, wie Gott es sich gedacht hat. Manche Christen unternehmen nichts gegen widrige Umstände oder sonstige Angriffe des Feindes. Einige meinen sogar, indem sie sich ihrem Schicksal fügen, seien sie besonders demütig. Natürlich können wir nicht jede unangenehme Situation mal eben schnell durch ein Gebet oder Bekenntnis verändern. Wenn uns Gottes Wort aber einen bestimmten Rahmen vorgibt, können wir unsere gottgegebene Autorität darüber ausüben und so manche Situation den Verheißungen der Bibel anpassen.
Gott hat uns zum Herrschen erschaffen. Allerdings ist unsere Herrschaft nicht uneingeschränkt. Jeder herrscht nur in seinem eigenen Leben, das heißt, in seinen Verantwortungsbereichen – in der Familie, im Berufsleben oder in der Gemeinde. Das schließt natürlich unseren Körper (z.B. mit seinen Essgewohnheiten und Verhaltensmustern) und unseren Gemütszustand mit ein. Her beherrscht sozusagen jeder zuerst sich selbst.
Genauso wird im Umgang mit anderen Menschen manchmal übersehen, dass wir ihnen dienen bzw. helfen sollen. Wir sollen nicht versuchen andere zu bevormunden, sie zu manipulieren oder in anderer Form versuchen, sie zu dominieren. Stattdessen sollen wir, besonders unsere Glaubensgeschwister, wertschätzen. Denn sie bestimmen selbst in ihrem eigenen Leben, wie auch wir in unserem.
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1 1 Korinther 7,22
2 Kolosser 1,13
3 1 Mose 1,26.28
4 1 Korinther 3,5; 2 Korinther 3,3